Küchenexperimente - Schwebende Plastiktüte

Stand: 14.06.2016, 15:40 Uhr

Ein Experiment zum Verblüffen: Nur ein paar Handgriffe und ein Luftballon verwandeln ein Stück Plastiktüte in einen magischen Flugdrachen.

Von Sascha Ott

Wissenschaft ist keine Zauberei. Trotzdem wirken manche Experimente wie reine Magie. So wie dieses Küchenexperiment. Wie gelingt es ohne Hilfsmittel, ohne unsichtbare Fäden und doppelten Boden, den aus einer simplen Plastiktüte herausgeschnittenen Flugdrachen zum Schweben zu bringen. Ganz einfach: mit einem bisschen Physik!

DER VERSUCH

Dieses Küchenexperiment zeichnet sich nicht nur durch sein faszinierendes Ergebnis aus, das alle Umstehenden meist sofort nachmachen wollen, sondern auch durch seinen sehr übersichtlichen und preiswerten Aufbau. Man benötigt nämlich nur:

  • eine möglichst dünne Plastiktüte (wie sie zum Beispiel im Supermarkt zum Verpacken an der Obsttheke verwendet wird)
  • einen Luftballon (am besten einen etwas länglichen)
  • eine Schere
  • Haare

Zunächst schneidet man aus der Plastiktüte ein schmales Rechteck aus, etwas größer als eine Visitenkarte. In das Rechteck kommen noch ein paar Längsschnitte, sodass das Tütenstück wie ein kleiner Fransenvorhang aussieht mit Fransen von etwa fünf bis zehn Zentimetern Länge und einem halben Zentimeter Breite. Der Luftballon wird ganz normal aufgepustet und verknotet. Dann kommt das große Wuscheln. Erst rubbelt man sich den Ballon durch die Haare, dann das fransige Tütenstück. Die Haare sollten dabei möglichst trocken und möglichst nicht mit Gel oder Haarwachs gestylt sein. Wer auf seinem Kopf keine Haare vorfindet, kann genauso gut an einer anderen behaarten Stelle seines Körpers reiben. Dann wirft man das fransige Tütenstück in die Luft, hält, wenn es zu Boden sinkt, den Ballon darunter und – abracadabra...

DAS ERGEBNIS

Die Tüte schwebt. Wenn man den Ballon geschickt unter dem fransigen Tütenstück platziert, fliegt es über dem Luftballon in etwa 10 bis 20 Zentimetern Abstand wie von unsichtbarer Hand. Die Fransen der Tüte zeigen dabei in alle Richtungen auseinander, sodass das Ganze wie eine Art Flugdrachen durch die Luft schwebt. Den Drachen in der Luft zu halten ist ein gewisser Balanceakt und erfordert etwas Übung. Aber wenn man es ein paar Mal probiert hat, kann man das wankelmütige Fluggerät gezielt steuern und zu kleinen Kunststücken bewegen – ein erstaunlicher, ein magischer Trick.

DIE ERKLÄRUNG

Der magische Flugdrachen fliegt durch Elektrostatik. Es kommt also letztlich das gleiche Phänomen auf, das unsere Haare beim Ausziehen eines Pullovers zu Berge stehen lässt oder durch das wir manchmal unverhofft an Gegenständen ganz leicht einen "gewischt" kriegen. Durch das Reiben in den Haaren werden Elektronen, also freie Ladungen, von den Haaren auf Ballon und Plastiktüte übertragen. Luftballon und Tütenstück sind dann beide leicht negativ geladen. Und gleiche Ladungen stoßen einander ab, das werden die meisten noch aus dem Physikunterricht behalten haben. Deshalb kann der Ballon die schwebende Tüte durch unsichtbare elektrische Abstoßung immer wieder nach oben schubsen. Und deshalb streckt das Tütenstück auch seine geladenen Fransen in alle Richtungen auseinander, weil sich die einzelnen Fransen ebenfalls von einander abstoßen. Das verleiht dem Flugdrachen dann eine einigermaßen stabile Fluglage. Der Effekt ist etwas wankelmütig: Nicht nur feuchte Haare können ihn zunichte machen, auch zu feuchte Luft nimmt dem Flugdrachen seine Ladungen und lässt ihn abstürzen. Außerdem ist der Flug des Drachens, wie man sich leicht vorstellen kann, überaus anfällig gegen Zugluft. Draußen funktioniert er nur bei absoluter Windstille.

FAZIT

Experimente in der Physik stehen im Ruf, immer Unmengen an Geld zu verschlingen, weil man dafür gleich einen riesigen Teilchenbeschleuniger oder sündhaft teure Weltraumteleskope braucht. Dies ist das Gegenbeispiel: Ein faszinierendes Experiment und der Aufbau kostet keine Millionen, sondern nur ein paar Cent.

Redaktion:
Peter Ehmer