Küchenexperimente - Knallgas-Explosion im Garten

Ein Anspitzer spitzt Bleistifte, Essigessenz löst Kalk – gemeinsam sorgen sie für ohrenbetäubenden Krach.

Von Sascha Ott

Vor einigen Wochen habe ich in einem Experiment einen Spitzer angezündet und dabei festgestellt, dass sein Korpus überraschenderweise aus Magnesium besteht. An diesen Versuch möchte ich zum Abschluss der sechs Gartenausgaben der Küchenexperimente noch einmal anschließen. Denn ein Anspitzer aus Magnesium kann nicht nur mit greller Flamme brennen, er kann es auch ziemlich krachen lassen.

DER VERSUCH

Gleich vorweg – wie häufig bei meinen Experimenten im Garten ein paar Warnhinweisen. Handschuhe und Schutzbrille hatte ich an dieser Stelle schon des Öfteren empfohlen. Hinzu kommt bei diesem Experiment die Bitte: Verwenden Sie Ohrenstöpsel. Eine Knallgasexplosion kann unter Umständen enormen Lärm entwickeln. Und wenn Sie weiterhin zu den Grillpartys der Nachbarn eingeladen werden wollen, warnen Sie vielleicht kurz, dass es etwas lauter werden könnte.

Wir brauchen für diesen Versuch im Einzelnen:

  • einen Spitzer aus Magnesium;
  • Essigessenz;
  • einen Trinkbecher mit Deckel und Trinkhalm;
  • eine kleine Plastikdose (Volumen maximal 0,5 Liter);
  • ggf. Dichtungsmaterial (Klebstoff, Knetgummi etc.);
  • ein Stabfeuerzeug;
  • einen Eimer mit Wasser.

Ich nehme den Trinkbecher und gebe einen guten Schuss Essigessenz hinein, etwa einen Fingerbreit. Am Spitzer schraube ich die Stahlklinge ab und gebe ihn in die Essigessenz. Sofort bemerkt man eine Blasenbildung rund um den Spitzer. Ich schließe den Deckel des Trinkbechers und stecke den Trinkhalm möglichst dicht abschließend in die dafür vorgesehene Öffnung.

Jetzt kommt die Plastikdose: In den Boden habe ich ein Loch gebohrt, gerade groß genug, dass der Trinkhalm hindurch passt. Oben im Deckel ist ein weiteres Loch, das ich mit Klebestreifen verschlossen habe. Ich habe jetzt also folgenden Aufbau: Unten im Becher schäumen Essigessenz und Spitzer, dann kommt eine Röhrchenverbindung aus dem Trinkbecher hoch in die Plastikdose. Jetzt warte ich etwa drei bis vier Minuten, ziehe derweil Schutzbrille, Handschuhe und Ohrenstöpsel an. Dann öffne ich oben in der Dose das Loch und halte daran das entflammte Stabfeuerzeug.

DAS ERGEBNIS

Mit einem mächtigen Schlag haut es den Deckel von der Dose und er fliegt im hohen Bogen durch den Garten. Unten im Trinkbecher ist inzwischen vom Spitzer kaum noch etwas zu erkennen. Nur ein kleines unförmiges Metallstückchen schwimmt schäumend in der Essigessenz. Ich öffne vorsichtig den Trinkbecher und gieße die heisse schäumende Mischung in den Wassereimer, um die intensive Reaktion zu beenden.

DIE ERKLÄRUNG

Der Spitzer ist aus Magnesium, das hatte sich im Experiment vor sechs Wochen gezeigt. Magnesium reagiert aber intensiv mit Säure und die Essigessenz besteht zu einem Viertel aus Säure. Bei dieser Reaktion entstehen Wärme und Wasserstoff. Wasserstoff ist sehr leicht und steigt daher aus dem Trinkbecher unten durch das Röhrchen hoch in die Plastikdose und sammelt sich dort. Das heißt, in der Dose oben habe ich eine Mischung aus Luft und Wasserstoff.

Nach etwa drei bis vier Minuten hat sich in der Dose genug Wasserstoff gesammelt für ein berühmtes Mischungsverhältnis: Zwei Teile Wasserstoff treffen auf einen Teil Luftsauerstoff. Das nennt der Chemiker "Knallgas" – warum, das hat man wohl gehört. Die Reaktion zwischen Wasserstoff und Sauerstoff läuft mit enormer Geschwindigkeit ab, mit mehr als 2800 Metern pro Sekunde, und stark exotherm, also unter großer Wärmeentwicklung. Diese schnelle Wärmeentwicklung sorgt dafür, dass die Umgebungsluft stark "auseinander getrieben" und somit enorme Schallwellen erzeugt werden.

FAZIT

Die Ferien gehen zu Ende, meine Nachbarn kehren heim. Jetzt ist Schluß mit Knall und Rauch. Ab nächste Woche drücken wir alle wieder Schulbank und Bürostuhl – und die Küchenexperimente kommen wieder ganz leise und zivilisiert aus der Küche.

Redaktion:
Peter Ehmer