Buchcover: "Leuchtfeuer" von Dani Shapiro

Buch der Woche

"Leuchtfeuer" von Dani Shapiro

Stand: 23.02.2024, 15:37 Uhr

Fast fünfzehn Jahre lang lag das unfertige Manuskript von "Leuchtfeuer" irgendwo in einem Schrank, versteckt unter allem möglichen anderen Kram. Beim Aufräumen findet Dani Shapiro die losen Manuskriptblätter, liest rein und ist überrascht.

Auch von sich selbst, erzählt sie in einem Interview. Der Plot war gut, aber sie damals zu beschäftigt, ihn gescheit umzusetzen. Das hat Dani Shapiro jetzt getan. Und einen Bestselller geschrieben.

Im Mittelpunkt eine Familie, die ein schreckliches Geheimnis hütet. In einer Sommernacht 1985 baut der 15jährige Theo einen Unfall. Eigentlich hätte er gar nicht fahren dürfen, aber seine ältere Schwester Sarah, die hinten im Wagen sitzt, ist zu betrunken, gibt ihm die Schlüssel.

Als er sich während der Fahrt eine Zigarette anzündet, verliert er die Kontrolle, kracht gegen eine alte Eiche direkt vor dem Haus seiner Familie. Auf dem Beifahrersitz wird Misty, die Freundin seiner Schwester, getötet. Um den Bruder zu entlasten, behauptet Sarah, sie sei gefahren. Alle in der Familie wissen, dass das nicht stimmt, aber sie reden nicht drüber. Fast ein ganzes Leben lang bewahrt jeder dieses Geheimnis für sich, zerbricht fast daran.

Eine beeindruckende Geschichte über Trauer und Traurigkeit. Über unerwartete Verbindungen zwischen einander fremden Menschen, über die Magie von Seelenverwandtschaften. Bittersüß und melancholisch erzählt.

Während das Manuskript unbeachtet im Schrank lag, hat die Autorin selbst von einem großen Familiengeheimnis erfahren: dass ihr Vater nicht ihr biologischer Vater ist, ihn lernt sie erst später kennen.

Seelisch mit ihm verbunden war sie wohl schon lange. In dem ursprünglichen Manuskript hatte sie Benjamin Wilfs, dem Arzt, der in "Leuchtfeuer" eine wichtige Rolle spielt, nämlich schon jene Wesenszüge mitgegeben, die sie bei ihrem biologischen Vater so beeindruckt hatten, erzählt sie im Interview. Nichtsahnend. Guter PR-Trick oder schlicht die Wahrheit? Das bleibt Shapiros Geheimnis.

Eine Rezension von Christine Westermann

Literaturangaben:
Dani Shapiro: Leuchtfeuer
Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klas Timmermann
hanserblau, 2024
288 Seiten, 23 Euro