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Buch der Woche

"Muna oder Die Hälfte des Lebens" von Terézia Mora

Stand: 08.09.2023, 10:49 Uhr

In ihrem neuen Roman "Muna oder die Hälfte des Lebens" nimmt Terézia Mora ihre Leserinnen und Leser mit auf eine Zeitreise vom Ende der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts hin bis zum Ende der Nullerjahre.

Dazwischen liegt ein Lebensabschnitt der geprägt ist von ihrer Beziehung zu Magnus. Er ist ein Mann der in seinem Temperament, schüchtern, in sich gekehrt, nicht unterschiedlicher sein könnte. Denn Muna hingegen ist eine draufgängerische, mutige selbstbewusste aber auch an sich zweifelnde und nicht selten in Fettnäpfchen tretende Frau. Eine spannende Beziehungskonstellation.

Interessant, wie Terézia Mora Muna immer wieder in Klammersätzen mit sich selbst in den Dialog treten lässt und uns Leser Zeugen der Gedankenwelt dieser jungen Frau auf dem Weg zur "Hälfte des Lebens" werden lässt.

Der Fotoredakteur Magnus und die angehende Germanistin Muna begegnen sich im fiktiven DDR Ort Jüris. Schon bei der ersten Begegnung ist Muna ist schockverliebt. Bei Magnus ist nicht ganz so klar wie stark seine Gefühle für sie sind. Er hat die Aura einer Sphinx. Sie schafft es jedoch ihn zu "knacken", wie sie es nennt. Doch dann kommt die Wende 89 und Magnus verschwindet.

Auch im Roman dauert es fast 150 Seiten bis er wieder auftaucht, sieben Jahre später. Dann aber erobert Muna Magnus aufs Neue. Er schreibt gerade an seiner Habilitation mit dem Thema "Männlichkeitskonstruktion" Sie promoviert zum Thema "Weiblichkeitskonstruktion". Mora garniert ihren Roman mit schönen Seitenhieben auf den Wissenschaftsbetrieb.

Doch während Magnus der Wissenschaftstyp ist, quält sich Muna mit der universitären Arbeit. Nimmt lieber das Leben mit, hat in der Zeit, in der sie von Magnus getrennt ist, viele wechselnde Beziehungen und Jobs und scheint nur ein Ziel zu haben, Magnus dauerhaft an sich zu binden.

Sie erträgt es, dass er immer mal wieder "weg" ist, Gewalt gegen sie ausübt und sich nicht öffnen kann. Doch Muna kämpft um ihn. Es ist aber auch ein Kampf um Selbstbehauptung.

Terézia Mora zeichnet in Muna ein schonungsloses, sehr intimes Porträt einer nie aufgebenden, nur scheinbar sich unterwerfenden Frau. Muna durchschreitet unsere sexuell aufgeladene Zeit erhoben Hauptes und ist dadurch eine sehr emanzipierte, heutige Figur.

Eine Rezension von Terry Albrecht

Literaturangaben:
Terézia Mora: Muna oder Die Hälfte des Lebens
Luchterhand Verlag, 2023
444 Seiten, 25 Euro