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Buchcover: "Fester Glaube" von Denise Mina

Buch der Woche

"Fester Glaube" von Denise Mina

Stand: 02.06.2023, 13:07 Uhr

Eine Youtuberin, die in verlassene Häuser einsteigt und Filme darüber macht, verschwindet. Für ihren letzten Streifen war sie in einem Chateau in Frankreich. Kurz nach ihr verschwindet auch der Film von ihrem Kanal. Zwei True Crime-Podcaster aus Glasgow machen sich auf die Suche nach ihr.

Mittelpunkt der Story ist ein religiöses Kunstwerk, das angeblich Pontius Pilatus gehörte, der Jesus kreuzigen ließ. Die Schatulle taucht nach dem Verschwinden der Youtuberin im Katalog eines Pariser Auktionshauses auf. Ein Drogendealer drängt sich unterdessen den Podcastern auf, die nach ihr suchen. Sie finden ihn zwielichtig, aber der Mann hat Geld, einen Privatjet und viele Kontakte, auch zu einem dubiosen Priester in Rom.

So beginnt die Arbeit an ihrem Podcast, die sie außerdem nach London, zurück nach Glasgow und in jenes Chateau führt, in das die junge Frau eingestiegen ist. Wer da an Harrison Fords "Indiana Jones"-Filme oder Abenteuerromane wie "In 80 Tagen um die Welt" von Jules Verne denkt, liegt nicht falsch - das Exotische allerdings liegt hier nicht im fernen Irgendwo, sondern im nahen Europa. Einen historischen Abstecher nach Ungarn hinterm Eisernen Vorhang gibt es auch. Dort wurde die mysteriöse Schatulle gefunden.

Das Buch, so die Fiktion, ist die Zweitverwertung ihres Podcasts, sozusagen ein "True Crime-Podcast-Roman". Die für ihre "Tartan Noir"-Krimis viel gerühmte Schottin Denise Mina schafft damit ein neues Subgenre. Vielstimmigkeit lässt es ebenso zu wie viele Ortswechsel und episodenhaftes Erzählen - verbunden durch die voran treibende Story. Dieses Muster hat Mina mit denselben Helden bereits in dem Roman "Klare Sache" (2019) überzeugend erprobt.

Ihre Quasi-Ermittler sind Anna McDonald, die als junge Frau von Fußballprofis vergewaltigt wurde, und der magersüchtige Ex-Popstar Fin Cohen. Ein Duo mit Macken, hohem Sympathiewert und lebhaft prekärem Beziehungsleben, an dem ihre Podcast-Fans teilhaben dürfen. Überhaupt hat "Fester Glaube" alle Stärken guter Podcasts: Er lässt Mit-Erleben zu, nur hier eben als Roman mit markanten Figuren, starken Dialogen und Beschreibungen.

Seine Story ist leicht überdreht, aber packend und mit vielen, solide recherchierten Themen wie jener Subkultur des Urban Exploring, zu der die Youtuberin gehörte. Pure, sehr gut geschriebene Unterhaltung, die aber alle, die es wollen, auch zum Nachdenken anregt.

Eine Rezension von Udo Feist

Literaturangaben:
Denise Mina: Fester Glaube
Aus dem Englischen von Karen Gerwig
Ariadne Krimi im Argument Verlag, 2023
304 Seiten, 24 Euro