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Buchcover: "Der letzte Zug nach Schottland" von Josephine Tey

"Der letzte Zug nach Schottland" von Josephine Tey

Stand: 20.12.2023, 14:53 Uhr

Die schottische Autorin Josephine Tey hieß eigentlich Elizabeth MacKintosh, sie lebte von 1896 bis 1952. Zu Lebzeiten war sie vor allem für ihre Theaterstücke berühmt, in Großbritannien kennt man sie heute hauptsächlich wegen ihrer Kriminalromane.

Ihr Buch "Alibi für einen König" wurde von der englischen Autorenvereinigung Crime Writers’ Association zum besten Kriminalroman aller Zeiten gewählt. Der Oktopus Verlag macht gerade nach und nach Josephine Teys Kriminalromane auf Deutsch wieder zugänglich.

1952 erschien "The Singing Sands", die deutsche Erstausgabe 1988 als "Der singende Sand" im Dumont Verlag. Jetzt ist das Buch als "Der letzte Zug nach Schottland" in einer schön gestalteten Neuausgabe bei Oktopus erschienen, übersetzt von Manfred Allié und mit einem Nachwort von Val McDermid.

In "Der letzte Zug nach Schottland" besucht der überarbeitete, zu Panikattacken neigende Scotland Yard-Inspektor Alan Grant eine befreundete Familie in den Highlands, um sich zu erholen.

Im Zug nach Schottland stolpert er beinahe buchstäblich über einen toten jungen Mann, der ihn eigentlich nichts angeht. Versehentlich steckt Grant eine Zeitung ein, auf der der Tote ein Gedicht notiert hatte. Und irgendetwas an dem Mann lässt Grant nicht mehr los.

Statt entspannt in den schottischen Flüssen zu angeln, reist er zu den Hebriden-Inseln, um dem rätselhaften Gedicht auf die Spur zu kommen. Dort findet er zwar keine Antwort auf seine Fragen, aber immerhin seinen Seelenfrieden wieder. Die Spur des jungen Mannes führt Grant letztlich wieder zurück nach London und zu einem Geheimnis aus der arabischen Welt.

Josephine Tey lässt Alan Grants Weg mäandern, nicht nur geografisch - mal gerät die Kriminalrecherche in den Hintergrund, dann hält sie den Inspektor auf Urlaub wieder fest im Griff.

Dennoch führt Tey den Spannungsbogen konsequent weiter, denn wo der Tote ein wenig in den Hintergrund tritt, bekommen Grant, die Menschen in seiner Umgebung und nicht zuletzt die Schauplätze mehr Raum. Und plastische Beschreibungen sind die große Stärke der Autorin - man hört den pfiffigen achtjährigen Sohn von Grants Gastgebern förmlich sprechen, man riecht das muffige Zimmer auf der Hebrideninsel Cladda, man sieht die Häuser und Straßen Londons geradezu vor sich.

"Sollte dies Ihre erste Begegnung mit Josephine Tey sein, dann garantiere ich Ihnen, es wird nicht Ihre letzte sein." Das schreibt die Krimiautorin Val McDermid in ihrem Nachwort. Dem ist nichts hinzuzufügen...

Eine Rezension von Dina Netz

Literaturangaben:
Josephine Tey: Der letzte Zug nach Schottland
Mit einem Nachwort von Val McDermid
Aus dem Englischen von Manfred Allié
Oktopus Verlag, 2023
336 Seiten, 23 Euro