Bewohner des Tageshospiz sitzen an einem Tisch unnd spielen Rummikub

Erstes Tageshospiz in Westfalen-Lippe: Jede Sekunde kostbar gestalten

Stand: 25.01.2024, 10:27 Uhr

Seit Dezember gibt es in Gronau-Epe ein Tageshospiz. Das Josefhaus empfängt täglich Gäste, die schwer krank sind. Dort verbringen sie gemeinsam den Tag, abends fahren sie zurück in ihr Zuhause.

Von Nicole Albers

Hildegard Uesbeck leidet an einer seltenen Muskelerkrankung. Laufen kann sie schon längst nicht mehr, sie sitzt in einem Rollstuhl und niemand kann sagen, wie stark und wie schnell die Krankheit sie weiter beeinträchtigen wird. Manchmal schütteln sie Krämpfe, dann fällt ihr auch das Atmen schwer.

Rund um die Uhr ist sie auf Hilfe angewiesen. Doch von Traurigkeit ist bei ihr nichts zu bemerken, sie lacht viel und sehr gerne: "Das ist so toll, noch nie bin ich so verwöhnt worden wie hier", erzählt sie begeistert von ihren Tagen im neuartigen Hospiz in Gronau-Epe.

Bewohnerin des Tageshospiz Westfalen-Lippe

Hildegard Uesbeck genießt ihre Zeit im Tageshospiz.

Seit Ende Dezember kommt sie zwei Mal in der Woche ins Josefhaus. Ein Team aus festangestellten Pflegerinnen und ehrenamtlichen Betreuerinnen kümmert sich um die Gäste. Ihr Motto: Der Gast ist König bzw. Königin. "Wir versuchen, alle persönlichen Wünsche zu erfüllen", versichert Hausleiterin Marina Bloom.

Passende Räume für jedes Bedürfnis

Es gibt große helle Ruheräume, wenn sich mal jemand zurückziehen möchte. Daran angeschlossen sind Badezimmer: "Hier können unsere Besucher auch mal duschen, und zwar wann sie wollen und dann in Ruhe und nicht früh morgens, wenn der ambulante Pflegedienst bei ihnen ist", so Bloom weiter.

Der helle Gemeinschaftsraum hat eine  gemütliche Sitzecke mit Fernseher und Spielkonsole. Hildegard Uesbeck liebt aber eher Gesellschaftsspiele in großer Runde. An einem langen Esstisch sitzt sie mit drei Pflegerinnen beim Frühstück. Sie überlegen gemeinsam, wie sie den Tag gestalten: "Ich brauche unbedingt eine Rummikub-Revanche. Die haben mich letzte Woche hier so abgezockt." Alle lachen, die Stimmung ist gelöst.

Uesbeck genießt die Tage im Josefhaus, genauso wie ihre Familie. "Hier können wir die Verantwortung für Mama guten Gewissens für ein paar Stunden abgeben", erzählt ihre Tochter Marina Vier: "Wir wissen, dass sie hier glücklich ist, das entlastet uns ungemein."

Neues Konzept muss noch bekannter werden

Das Josefhaus bietet Platz für bis zu acht Gäste am Tag. Noch sind einige Plätze frei. Träger ist das örtliche St. Antonius-Hospital Gronau, bezahlt wird der Aufenthalt von der jeweiligen Krankenkasse der Gäste und dem Verein Josefhaus.

Marina Bloom, Hausbesitzerin des ersten Tageshospiz in Westfalen-Lippe

Hausleiterin Martina Bloom liebt die Arbeit im Tageshospiz.

"Da das Angebot noch recht neu ist, besteht bei den Kassen und Ärzten noch viel Aufklärungsbedarf. Aber das wird sich schon einspielen", meint Bloom und setzt sich zu Hildegard Uesbeck an den Tisch, um ein paar Minuten mit ihr zu plaudern.

Auch das ist besonders im Josefhaus: Das Team hat Zeit, um mit den Gästen zu sprechen. Auch über schwere Themen, über Dinge, die zu Hause nicht angesprochen werden, um Angehörige nicht zu belasten.

Hausleiterin Bloom hat früher beim ambulanten Pflegedienst gearbeitet und erinnert sich: "Ich fand das sehr schlimm, dass ich dabei immer die Uhr im Nacken hatte. Alles musste schnell gehen. Hier kann ich wirklich auf die Menschen eingehen." Das ist nicht nur gut für ihre Gäste, es gibt auch ihr viel.

Hildegard Uesbeck sitzt derweil konzentriert allein vor einem großen Puzzle. Ein paar Minuten Ruhe gönnt sie sich noch. Dann ist sie bereit für ihre große Rummikub-Revanche.

Über dieses Thema berichtet der WDR am 25.01.2024 auch im Fernsehen in der Lokalzeit OWL und im Radio auf WDR 2.

Quelle: WDR-Reporterin