Ein Schild weist auf eine Vollsperrung der Autobahn A40 hin; Rechte: pa/ dpa

NRW will mehr Vollsperrungen - damit der Verkehr fließen kann

Stand: 12.01.2024, 17:08 Uhr

Straßen müssen regelmäßig saniert werden, sonst geht irgendwann gar nichts mehr. Um Bauzeiten möglichst kurz zu halten, setzt NRW künftig auch bei Bundes- und Landesstraßen auf Vollsperrungen.

Von Rainer StriewskiRainer Striewski

Bevor der Verkehr wieder richtig fließen kann, ist erst einmal kompletter Stillstand angesagt: Am Freitag (19.01.2023) wird die alte Leverkusener Rheinbrücke - und damit die A1 zwischen Köln-Nord und Leverkusen - komplett gesperrt. Damit tritt der lang ersehnte Neubau der maroden Brücke in die entscheidende Phase, aber auf den Hauptfahrbahnen der A1 in beide Richtungen geht eben auch gar nichts mehr.

Der ADAC Nordhrein erwartet ein Stauchaos auf den Ausweichrouten. "Besonders auf der A3 zwischen dem Kreuz Leverkusen und dem Dreieck Heumar droht Stillstand", befürchtet der Automobilclub - und rät von vermeintlich kürzeren Ausweichrouten quer durch die Stadt ab. "Sonst droht hier ein Verkehrschaos", warnt ADAC-Verkehrsexperte Roman Suthold.

"Sanierungsoffensive" von Verkehrsminister Krischer

Trotz dieser Warnung ist Suthold aber kein genereller Gegner von Vollsperrungen - ganz im Gegenteil. Wenn sie richtig geplant sind, können sie durchaus auch Vorteile für Autofahrer haben. Das hat auch NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) erkannt und das Mittel der Vollsperrungen in den Maßnahmenkatalog seiner "Sanierungsoffensive" aufgenommen. Das Land ist seit drei Jahren zwar nicht mehr für die Autobahnen, dafür aber weiterhin für etliche tausend Kilometer an Bundes- und Landstraßen zuständig.

Krischers Ende letzten Jahres vorgestellten Pläne sind ehrgeizig: Innerhalb der nächsten zehn Jahre soll der Anteil der besonders schlechten Straßen durch Sanierungsmaßnahmen auf null reduziert werden. Bis November 2023 befanden sich noch 36 Prozent der Straßen in einem schlechten Zustand. Krischer ist sich bewusst: Das Ganze werde "kein Sprint, sondern ein Marathon".

Zügige Arbeiten durch Vollsperrungen

Damit es trotzdem etwas schneller geht, hat Krischer unter Punkt 9 seiner "Sanierungsoffensive" für die Bundes- und Landstraßen extra auch Vollsperrungen aufgenommen. Die Idee dahinter: Wenn Straßen komplett gesperrt sind, können sie schneller saniert werden. Und wenn einzelne Baustellen schneller abgearbeitet werden, können insgesamt mehr davon geplant werden.

ADAC-Verkehrsexperte Suthold hält das für einen vernünftigen Ansatz. Voraussetzung wäre aber eine gute Kommunikation, betont er. Autofahrer müssten wissen, welche Routen sie nehmen können - und auch die Anwohner an den Ausweichrouten müssten gut informiert werden, so Suthold. Die würden während der Sperrung zwar stärker belastet, dafür könnte die Maßnahme aber auch schneller abgeschlossen werden.

NRW-Karte mit eingezeichneten Baustellen

Stau- und Baustellenland NRW

Sperrungen teilweise alternativlos

Bei vielen Projekten sieht der Verkehrsexperte gar keine Alternativen zur Vollsperrung. So hätten sich in den letzten Jahren etwa Arbeitsschutzregeln derart verändert, dass vielerorts einspurige, zu enge Baustellen gar nicht mehr eingerichtet werden könnten. "Auf Landstraßen ist das ein riesengroßes Problem", so Suthold.

Dass Vollsperrungen Baumaßnahmen beschleunigen können, hat man in NRW für die Autobahnen schon früh erkannt, etwa bei der Sperrung der A40 bei Essen im Jahr 2012. Die hatte zwar mehrere Monate angedauert, dafür konnten aber in einem Rutsch Brücken und Tunnel saniert werden. Und es sollte nicht die einzige Vollsperrung dieser so wichtigen Verkehrsader bleiben.

Seitdem hätten auch andere Bundesländer mit vielen Autobahnabschnitten - wie etwa Bayern oder Baden-Württemberg - auf Vollsperrungen gesetzt, berichtet ADAC-Verkehrsexperte Suthold. Auch der Landesbetrieb "Straßen NRW" spricht von "positiven Erfahrungen in der Vergangenheit".

Eine Auswertung vergangener Maßnahmen werde gerade durchgeführt, teilt der Landesbetrieb mit. Vielleicht wird es dann künftig mehr Umleitungen in NRW geben - und irgendwann hoffentlich weniger Staus.

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